André Citroën gilt als der Vorreiter für Innovationen im Automobilbau in Europa. Ihm haben wir nicht nur den legendären Type A zu verdanken –
erstmalig hat ein Automobil ein bereits komplett vormontiertes Ersatzrad, eine elektrische Beleuchtung sowie elektrischen Anlasser – sondern auch
mit vielen anderen Neuerungen setzt Mr. Citroën Maßstäbe auf diesem Markt. Werfen wir einen genaueren Blick auf die Karosserie des Traction Avant.
Als eines der wichtigsten Merkmale gilt die selbsttragende Ganzstahl-Karosserie. Doch was hat es damit auf sich?
Wie bei vielen anderen Innovationen der Citroën-Automobile, stammt diese Fertigungstechnik ursprünglich aus den USA. Auf seiner Reise im Jahr 1923
besucht André Citroën die Werke des Edward Gowan Budd in Philadelphia, der als Marktführer in dieser Produktionsweise gilt. Hierbei werden die gepressten
oder gezogenen Karosseriebleche mit dem Gerippe der Karosserie elektisch verschweißt und danach auf das Fahrgestell montiert. Wesentliche Vorteile dieser
neuen Produktionsweise sind gegenüber der bis dato üblichen Holzgerippe-Konstruktion die wesentlich erhöhte Steifigkeit und Torsionsfestigkeit,
eine vereinfachte Reparatur, sowie eine wesentlich bessere passive Sicherheit der Insassen im Falle eines Unfalls.
Nach Rückkehr von seiner Reise beauftragt Andre Citroën das Bureau d’Etudes, die Entwicklungsabteilung, mit der Konzeption einer Ganzstahl-Karosse.
Er erwirbt als Erster für Europa die Lizenz von Budd für die Produktion von Automobilen nach der neuen Methode. Citroën-Ingenieure werden in die USA
geschickt, um die Entwicklungs- und Fertigungs-Techniken zu erlernen.
Schon 1924 beim Bau der Modellreihe „Type B“, also fünf Jahre nach Beginn seiner Automobilproduktion, wendet Andre Citroën erstmalig die ursprünglich
aus den USA stammende Fertigungstechnik an und entwickelt diese zur Serienreife und Massenproduktion auch größerer Bleche.
Doch noch immer wird die Karosse auf das Chassis montiert. Der Wagen hat dadurch einen vergleichsweise hohen Schwerpunkt. Man muss nicht nur ins
Automobil hochsteigen, auch die Kurvenlage ist eher schlecht. Auch sind die Produktions- bzw. Material-Kosten vergleichsweise hoch.
Im „Bureau d’Etudes“ werden Überlegungen angestrengt, diese Kosten zu reduzieren.
Und so entsteht die Idee, auf das klassische Fahrgestell zu verzichten. Wieso sollte man das nicht gleich in die Karosserie integrieren können?
Die Idee des „Monocoque“ ist entstanden – et voila „La carosserie tout acier monocoque“ ist das logische Resultat dieser Überlegungen.
Die seitlichen Schweller sowie das Armaturenbrett und die ABC-Säulen sowie Querbleche im Dach erhalten erstmalig „tragende Bedeutung“
im wahrsten Sinne des Wortes. Nur wenige Elemente werden zusammengeschweisst und machen damit eine sehr rationelle Produktion möglich.
Der Fahrzeug-Unterboden kann aerodynamisch recht glattflächig ausgelegt werden, weil zugleich erstmalig der Frontantrieb eingeführt wird und
damit ein Tunnel für die Kardanwelle nach hinten überflüssig wird. Lediglich die Dachhaut wird noch separat von oben eingesetzt, weil eine
verformungsfreie Blechpresse nicht machbar ist. (Man kann übrigens damit einfach restaurierte von originalen bzw. gut restaurierten Fahrzeugen
unterscheiden: ist eine umlaufende Sicke auf dem Dach noch sichtbar, ist diese noch nicht zugespachtelt worden …)
Für den Motorraum wird eine Konstruktion eines Doppelschleifenrahmens in einem Hohlkastenträger entwickelt – von der
Doppelschleife sieht man auf den ersten Pressebilden noch die 4 Enden nach vorn herausschauen, an die die Motor- und Getriebeaufhängung angeflanscht
wird und damit eine weitere Torsionsfestigkeit ermöglicht.
Die Stabilität dieser selbsttragenden Ganzstahl-Karosserie beweisen die Ingenieure von Citroën bei dem berühmt gewordenen Überschlagstest in einem Steinbruch,
den wir auf YouTube wieder entdeckt haben.